INTERVIEW
TRIQBRIQ baut Häuser mit Holzbausteinen. Weil diese auch aus minderwertigem Holz hergestellt werden können, schlägt das schwäbische Unternehmen gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe.
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Modular, flexibel, wiederverwendbar und abfallfrei: Mit Klemmbausteinen aus Holz schickt sich das Unternehmen TRIQBRIQ aus Baden-Württemberg an, die Baubranche zu revolutionieren. Der innovative und nachhaltige Ansatz des Start-ups wurde unter anderem mit dem Deutschen Immobilienpreis 2024 in der Kategorie „Branchen-Pionier“ ausgezeichnet.
Stein um Stein aufeinanderstecken, aufbauen, umbauen und neu kombinieren – den unverwüstlichen Reiz von Klemmbausteinen als Spielzeug belegen Generationen von Kindern eindrucksvoll. Gerüchteweise soll es ja auch viele Erwachsene geben, die sich stundenlang in Konstruktionen von Lego, fischertechnik, CaDA und Co. verlieren können. Dank des genial simplen Konzepts: Die Stecksteine lassen sich beliebig oft neu kombinieren. Was die Phantasie sich vorstellen kann, kann gebaut werden. Und was nicht gefällt oder nicht länger gebraucht wird, kann wieder in die Einzelteile zerlegt werden. Warum nicht etwas, das im Kinderzimmer klappt, auch im Bauwesen nutzen? Auftritt TRIQBRIQ.
Der BRIQ ist ein patentierter Holzklemmbaustein für den Bau (Foto: TRIQBRIQ AG)
Ein Einfamilienhaus aus TRIQBRIQ-Steinen (Foto: TRIQBRIQ AG)
Mit den Holzbausteinen des schwäbischen Unternehmens werden Wände gemauert und Gebäude gebaut. TRIQBRIQ nutzt dabei einen der ältesten Baustoffe der Menschheit. “Es hat gute Gründe, dass Menschen seit tausenden Jahren mit Holz bauen”, sagt Lewin Fricke, der die Öffentlichkeitsarbeit von TRIQBRIQ verantwortet. “Bauen mit Holz bringt einfach sehr viele Vorteile mit sich, vor allem der Massivholzbau – und auch TRIQBRIQ ist im Kern ein Massivholzsystem.” Der Unterschied zum klassischen Holzbau ist allerdings, dass TRIQBRIQ Holz von niedrigerer Qualität verarbeiten kann.
Was zunächst wie ein Nachteil klingen mag, gereicht dem Unternehmen zum großen Vorteil: Es kann Holz nutzen, das von der Forstwirtschaft meist eher als Nebenprodukt betrachtet wird: Wipfelschnitte, Durchforstungs- oder Schadholz – letzteres tritt beispielsweise bei Stürmen, Dürre der Schädlingsbefall auf. Diese Holzsorten sind oft auch zu dünn im Durchmesser und für den traditionellen Bau ungeeignet. Auch rückgebautes Altholz kann als BRIQ ein neues Leben finden. Der Vorteil liegt auf der Hand: Dieses Holz ist in der gebauten Umwelt verfügbar und deutlich günstiger als hochwertiges Bauholz.
Lewin Fricke, Leitung Öffentlichkeitsarbeit der TRIQBRIQ AG (Foto: TRIQBRIQ AG)
Der zweite zentrale Vorteil der Holzbausteine: Die modulare Ansatz – TRIQBRIQ selbst spricht von einem “mikro-modularen” Ansatz. Die Elemente werden seriell in standardisierten Rastern produziert. Von der Garage über das Einfamilienhaus und den Supermarkt bis hin zum Mehrparteienwohnhaus kann aus den kleinen Holzblöcken alles gebaut werden. Und sogar wieder rückgebaut werden. “Der zerstörungsfreie, also sortenreine Rückbau ist ein zentrales Merkmal unseres Produktdesigns”, so Fricke. Die Holzblöcke werden nicht verklebt oder verschraubt. “Man bekommt beim Rückbau wieder die immer gleichen Bausteine und kann diese dann für ein komplett anderes neues Gebäude nutzen”, erklärt der TRIQBRIQ-Pressesprecher. Weitere positive Nebeneffekte: Keine Trocknungszeiten in der Bauphase und Gewichtsersparnisse, sodass auch beim Fundament Einsparungen möglich sind. Und jeder Bauherr weiß: Alles, was am Bau Material und Zeit einspart, spart bares Geld ein.
TRIQBRIQ ist also keine lobenswerte Utopie, die sich in der Praxis allenfalls für ein paar Idealisten mit dem nötigen Kleingeld eignet. Die Firma bietet Lösungsansätze für etliche Problemfelder der Baubranche. Bauen ist teuer, langsam und sehr umweltschädlich. “Wäre Beton ein Land, wäre es weltweit auf Platz 3 der größten CO2-Produzenten, nach den USA und China”, so Fricke. Die Holzbauweise von TRIQBRIQ ist somit doppelt umweltverträglich: Das verbaute Holz bindet sogar langfristig CO2 und beim Rückbau fällt kein Bauschutt an, der aufwändig entsorgt werden muss und obendrein die Umwelt weiter belastet.
Kein Mörtel, kein Leim: Die Holzteile werden aufeinander gesteckt. (Foto: TRIQBRIQ AG)
Stein auf Stein baut ein Handwerker eine Mauer aus Holzbausteinen (Foto: TRIQBRIQ AG)
TRIQBRIQ wurde 2021 gegründet. Die Idee, mit Holzbausteinen zu arbeiten, ist allerdings deutlich älter. Der Architekt Werner Grosse feilte bereits seit über zwei Jahrzehnten an der Idee. Und er wohnt zufälligerweise im selben Stuttgarter Vorort wie TRIQBRIQ-Gründer Max Wörner. Als beide ins Gespräch komen, experimentierte Grosse bereits länger mit verschiedenen Designs und Verbindungstechnik. Er verfeinerte das Konzept über Jahre immer weiter, meldete sogar mehrere Patente an. Gemeinsam mit TRIQBRIQ wurde das Prinzip dann zur Marktreife weiterentwickelt. Vor allem die vollautomatische Produktion im großen Stil und die bessere Wiederverwendbarkeit der Bausteine sind ein Verdienst des TRIQBRIQ-Teams. Erfinder Grosse ist weiterhin als externer Berater involviert.
Die ersten Jahre seit der Gründung sind für TRIQBRIQ bereits recht rasant verlaufen: In rund 3,5 Jahren wurden bereits 10 Projekte realisiert – für die sonst eher behäbige Baubranche ist das geradezu Lichtgeschwindigkeit. 2023 wurde das erste mehrstöckige Wohngebäude realisiert. Ende 2024 feierte ein Edeka-Supermarkt Richtfest, für den rund 11.000 BRIQs verbaut wurden. Bereits im Mai 2025 folgte dann die feierliche Eröffnung des weltweit ersten Supermarktes aus Holzbausteinen.
Auszeichnung als „Branchen-Pionier“ 2024: Die TRIQBRIQ AG wurde für den innovativen und nachhaltigen Ansatz beim Deutschen Immobilienpreis geehrt.
Wie geht’s nun weiter? “Im Business-Jargon würde man wohl sagen: TRIQBRIQ ist an der Schwelle vom Start-up zum Scale-up”, erklärt Fricke. “Wir haben mehrfach den praktischen Beweis erbracht, dass unser Konzept funktioniert. Jetzt wollen wir die Kapazitäten für die BRIQ-Herstellung massiv ausbauen, um noch mehr Bauvorhaben stemmen zu können.” Derzeit gibt es ein Produktionswerk in Tübingen. Bis 2027 sollen 30 weitere Anlagen in Betrieb genommen werden. Sogar bei der Herstellung hat man innovativ und vor allem dezentral gedacht. Eine Produktionsanlage besteht aus 3 Containern: Vorne geht das Holz rein, hinten kommen vollautomatisch die fertigen BRIQs auf Paletten heraus. Und das System ist dank Container-Bauweise mobil. So könnte man beispielsweise nach Sturmschäden schnell lokal große Mengen an Holz zu Bausteinen verarbeiten, ohne dass dies erst aufwändig per LKW durch halb Europa gefahren werden muss. “Damit wir unsere Produktionskapazitäten aufstocken können, brauchen wir nun vor allem eins: Geld”, lacht Fricke. “Wir suchen derzeit Investoren. Da wir bereits eine Aktiengesellschaft sind, ist das Investment sehr niedrigschwellig möglich.” Ab 10.000 Euro ist eine Beteiligung an TRIQBRIQ möglich.
Die TRIQBRIQ AG aus Stuttgart wurde 2021 in Tübingen gegründet. Das Unternehmen produziert und vertreibt das eigens entwickelte Holzbau-System TRIQBRIQ. Das Massivholz-Bausystem besteht aus mikro-modularen Holzbausteinen – den sogenannten BRIQs. Diese werden auf der Baustelle im Verband aufeinander gesteckt und über Buchenholzdübel miteinander verriegelt. Weil die BRIQs aus kostengünstigem Industrie- und Kalamitätsholz sowie rückgebautem Altholz hergestellt werden, stellen sie eine ressourcenschonende Alternative zu konventionellen Baustoffen dar.
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