BRANCHENWISSEN
Entwicklung der Mieten während Corona
Trotz Pandemie steigen die Preise in den größten Städten auch 2020 weiter
10 Min. Lesedauer
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Die Angebotsmieten für Wohnungen steigen in den deutschen Großstädten über 500.000 Einwohner vorerst weiter – trotz der wirtschaftlichen Unsicherheiten in Folge der Corona-Pandemie. Dämpfend auf die künftige Entwicklung der Mieten könnte die nachlassende Zuwanderung wirken – sowohl aus dem Ausland als auch durch Studierende. Der Trend zum Homeoffice macht zudem das Umland hochpreisiger Metropolen attraktiver.
Trotz Corona-Pandemie gab es im Krisenjahr 2020 keine Trendwende bei den Mieten in den größten deutschen Städten. In keiner der 14 Großstädte über 500.000 Einwohner gab es Rückgänge bei den Angebotsmieten – im Gegenteil, mit Zuwächsen zwischen 2 und 6 Prozent stiegen die Preise weiter. Wenig Dynamik zeigten dabei die Städte über 500.000 Einwohner im Süden und Osten mit 2 Prozent bis 3 Prozent Zuwachs.
Die geringsten Mietzuwächse weisen 2020 dabei die Städte auf, die in den vergangenen zehn Jahren überdurchschnittliche Zuwächse zu verzeichnen hatten. So liegt München mit einer Angebotsmiete von 18,60 Euro pro Quadratmeter deutschlandweit unangefochten auf Rang 1, legte im vergangenen Jahr jedoch nur um 2 Prozent zu. Auch in Nürnberg (10,10 Euro pro Quadratmeter) sowie Stuttgart (13,60 Euro pro Quadratmeter), wo die Preise im letzten Jahrzehnt mit am stärksten gestiegen sind, stiegen die Mieten 2020 um nur 2 Prozent bzw. 3 Prozent. Das Preisniveau in den größten Städten Süddeutschlands scheint somit derzeit nahezu ausgereizt.
Mit je 3 Prozent keine signifikanten Steigerungen gab es für die beiden sächsischen Städte Dresden (7,70 Euro pro Quadratmeter) und Leipzig (7 Euro pro Quadratmeter). Nach einem demografischen Knick nach der Wiedervereinigung hatten die beiden Ostmetropolen zuletzt wieder starke Zuwanderung erfahren – verbunden mit steigenden Mieten. Gerade im gehobenen Mietsegment ist inzwischen eine gewisse Sättigung erreicht, während bei abnehmender Bevölkerungszuwachs gleichzeitig das Angebot im Neubau wächst.
Eine Ausnahme – in mannigfacher Hinsicht – ist Berlin. Hier hatten sich die Angebotsmieten im vergangenen Jahrzehnt verdoppelt, weshalb der rot-rot-grüne Senat 2020 einen Mietendeckel in Kraft setzte. Trotzdem kletterte der Median der Mieten parallel um 5 Prozent auf 12,50 Euro pro Quadratmeter. Eine Ursache ist das zurückgehende Angebot an Bestandswohnungen bis Baujahr 2013, die vom Mietendeckel betroffen sind. Gleichzeitig gab es noch höhere Mietsteigerungen im Neubau ab 2014 – der nicht vom Mietendeckel erfasst wird.
Die stärksten Zuwächse im Vergleich der 500.000-plus-Städte notierte immowelt mit je 6 Prozent in den NRW-Städten Köln (11,50 Euro pro Quadratmeter), Düsseldorf (11 Euro pro Quadratmeter) und Dortmund (7,40 Euro pro Quadratmeter). Hier verlief die Mietentwicklung in den vergangenen zehn Jahren eher durchschnittlich. Getrieben werden die Mieten in Düsseldorf und Köln unter anderem durch die Dynamik im hochpreisigen Segment zentraler Lagen. In Köln verknappt sich das Angebot zudem durch schwache Neubauzahlen.
Essen komplettiert das NRW-Quartett. In der Ruhrmetropole entwickelten sich die Mieten in der Runde der Halbmillionenstädte am schwächsten. 2020 stieg die Angebotsmiete um 4 Prozent auf 7,30 Euro pro Quadratmeter. In Dortmund und Essen liegt die Arbeitslosigkeit weiter bei über 11 Prozent. Beide Städte kämpfen noch immer mit dem Strukturwandel nach dem Ende der Bergbau- und Schwerindustrie.
Mit je 5 Prozent relativ deutlich zogen die Mieten in Frankfurt (14,60 Euro pro Quadratmeter) – zweithöchster Wert nach München und Profiteur des Brexits – und Hannover (9 Euro pro Quadratmeter) an.
Bei der Bewertung dieser Zahlen sind Entwicklungen zu berücksichtigen, die durch die Corona-Pandemie zwar beeinflusst, aber nicht ausgelöst wurden. Grundsätzlich gibt es in allen Städten über 500.000 Einwohnern historisch niedrige Leerstände – die in den Metropolen teilweise bei 0,5 Prozent lagen. Selbst bei nachlassender Nachfrage besteht in der Regel am Markt weiterhin ein merklicher Nachfrageüberhang. Daher zeichnet sich für die nahe Zukunft kein Preisverfall ab.
Ein Trend, der für 2021 für eine weitere Verlangsamung des Mietpreisdynamik in den ohnehin schon relativ teuren Metropolen sorgen könnte, ist die zurückgehende Zuwanderung. Bereits seit Jahren gibt es für Berlin, Hamburg, München oder Frankfurt einen Negativsaldo beim Zuzug aus anderen deutschen Regionen oder Städten.
Bereits vor der Pandemie ging auch die Zuwanderung aus dem Ausland zurück – und wurde 2020 zur Einhegung des Covid-Virus noch weiter deutlich eingeschränkt. Ebenfalls deutlich zurückgegangen ist der Zuzug der 18- bis 30jährigen in die Metropolen: Studierende und Berufsanfänger.
Online-Vorlesungen und Einstellungsstopps bremsen den Zuzug der klassisch stärksten Altersgruppe Zuziehender. Alle Trends sorgen derzeit gemeinsam dafür, dass es weniger Wohnungssuchende in den Städten gibt, sodass sich die Nachfrage nach Mietwohnungen leicht abkühlt.
Trendverstärkend hat die Pandemie beim Thema Homeoffice gewirkt. Der erfolgte und noch laufende Digitalisierungsschub wird die Umfrage im Umland großer Städte weiter stärken, wo es mehr Platz – fürs Büro – und günstigere Mieten gibt. Das könnte den Wohnungsmarkt in Metropolen fortan etwas entlasten und so langfristig für stagnierende Preise sorgen.
Detaillierte Medianpreise zu den aktuellen Angebotsmieten in 80 deutschen Großstädten unter presse.immowelt.de.
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